«Man muss hinter seinen Angestellten stehen – nicht vor ihnen»

Interview

Gespräch zur Firmengeschichte mit Beat Kaufmann, Gründer und Verwaltungsratspräsident der Licht+Raum AG

Interview

Gab es für Sie bereits vor der «Geburtsstunde» der Licht+Raum AG 1983 einen persönlichen Bezug zum Thema Licht?

Gegenstand meiner Architektur-Diplomarbeit 1980 an der ETH Zürich war ein Hallenbadprojekt in La-Chaux-de-Fonds. Hier plante ich die Alu-Strahler ein, die ich dann 1983 beim privaten Umbau der Alten Schermenmühle in Ittigen einsetzte – und welche die Geschichte der Licht+Raum AG begründeten.

Sie gründeten die Licht+Raum AG 1984 und nahmen die Produktion der Alu-Strahler selber an die Hand. Wie sah die Herstellung der Leuchten damals aus?

Wir übernahmen die Werkzeuge, Rechte und Einzelteile von der vormaligen Produzentin Alumag Belmag – und dann war vor allem viel Handarbeit gefragt. Ich kann mich gut erinnern, wie wir auch am Wochenende Leuchten zusammengeschraubt haben. Damals verkauften wir die selber hergestellten Leuchten noch über den Fachhandel. Vor allem Architekten interessierten sich in der Anfangszeit für den Alu-Strahler.

Parallel dazu betrieb die Licht+Raum AG damals noch den Import von dekorativen Leuchten.

Aus heutiger Sicht lässt sich sagen: Wir wussten eine Zeit lang wohl nicht genau, wer wir sind. Wir produzierten und importierten, wir beschäftigten uns mit dekorativem und technischem Licht. Mehr und mehr fokussierten wir aber dann – durch die Zusammenarbeit mit Architekten über den Anknüpfungspunkt Alu-Strahler – auf die Beleuchtung im Objektbereich. Schrittweise verabschiedeten wir uns vom Leuchtenimport. Wir wollten nachhaltig wirken und uns in unserem Kerngeschäft, der Herstellung eigener Leuchten, weiterentwickeln; dazu gehörte auch, dass wir beispielsweise bereits früh Energiesparlampen einsetzten.

Weshalb entschieden Sie sich nach einigen Jahren zum Direktverkauf?

Wir setzten ab 1988 auf den Direktverkauf unserer eigenen Leuchten im Objekt. Uns wurde eine umfassendere Sicht immer wichtiger, die über die Produktion und den Wiederverkauf hinausgeht: «Durch Licht wird Ort zu Raum», lautete unser Motto Anfang der 1990er-Jahre. Unser Anspruch: Dem Planer und Architekten mit unserer Erfahrung beratend zur Seite zu stehen und das architektonische Konzept mithilfe unserer Leuchten zu unterstützen und zu akzentuieren. Durch unser integrales Verständnis von Beleuchtung, wonach Licht und Raum stets in einer Wechselbeziehung zueinander stehen, spezialisierten wir uns auf die Entwicklung von technischem Licht, das im Objekt zum Tragen kommt. Unser ganzheitlicher Ansatz kommt übrigens ja bereits in unserem Firmennamen zum Ausdruck.

Sind die über Jahre vertieften Beziehungen mit den Produktionspartnern heute Teil des Selbstverständnisses von Licht+Raum?

Absolut. Auch wenn der Begriff etwas überstrapaziert ist: Wir bekennen uns zur Nachhaltigkeit, die wir umfassend als verantwortungsvolles Handeln verstehen. Das bedeutet eben auch, dass wir soziale und wirtschaftliche Verantwortung übernehmen und gegenüber den sozialwirtschaftlichen Institutionen ein ernsthafter und verlässlicher Partner sind. Die Zusammenarbeit mit der Gewa und den BeWeBe ist für uns ein klares Commitment: Die beiden Institutionen gehören zu unserem Wir-Verständnis und Wir-Gefühl. Mit unserem sozialwirtschaftlichen Engagement hängen auch ökologische Aspekte zusammen: Wir wollen und können dank der räumlichen Nähe zu unseren Produktionspartnern beispielsweise unnötige Transporte vermeiden. Das ist Ausdruck unserer konsequenten ökologischen Haltung, die sich schon früh bei unserer Ausrichtung aufs Herstellen energieeffizienter Leuchten gezeigt hat.

Mit der Entwicklung und Lancierung der beiden Profilleuchten RHO und U70 brach im Jahr 2001 ein neues Zeitalter an.

Das Aufkommen von Profilleuchten hat die Beleuchtungswelt entscheidend verändert. Es war der Moment, Licht völlig neu zu denken. Man sprach im Zusammenhang mit den Profilleuchten vom so genannten Architekturlicht: Es entsprach dem Trend, dass die Leuchte gar nicht mehr sichtbar sein soll – und wenn, dann schlicht und zurückhaltend. Es ging für uns ein riesiges, neues Feld fast unbegrenzter Anwendungen auf: Für die Beleuchtung von Büros, Verwaltungsgebäuden, Konferenzräumen, Showrooms, Schulen und anderen Bildungsinstitutionen waren plötzlich Profilleutchen gefragt. Licht+Raum schuf mit den Leuchten RHO und U70 zwei Produkte, die den Zeitgeist genau getroffen haben. Dafür erhielten wir zweimal die Auszeichnung «red dot, best of bests», was die Bekanntheit von Licht+Raum erheblich erhöht hat.

Was hat die «red dot»-Auszeichnung über die gesteigerte Bekanntheit hinaus ausgelöst?

Der «red dot» hat uns beflügelt und motiviert, nochmals einen Schritt weiterzugehen. Wir wollten und wollen mehr sein als reine Leuchtenproduzenten. Indem wir uns als Gesamtlösungsanbieter zu positionieren begannen, gelang es uns erfolgreich, uns im hart umkämpften Wettbewerb zu behaupten: Als kleine, hochflexible und hochprofessionelle Herstellerfirma, die eine umfassende Dienstleistungspalette anbietet. Das Differenzierungsmerkmal gilt noch heute: «Wir sind Leuchtenhersteller. Beginnen aber früher und hören später auf.» Ausgehend vom Kundenbedürfnis beziehen wir die Charakteristiken der Architektur und die technischen Voraussetzungen von Beginn weg in die Entwicklung des Beleuchtungskonzepts ein. Die Vorgaben zu Lichtstimmung, Energieeffizienz, Unterhalt und Betrieb bewerten wir gemeinsam mit dem Kunden. Die fürs Konzept gewählten Leuchten werden sodann auftragsbezogen gefertigt sowie auf Wunsch montiert und programmiert. Und: Der Service im Betrieb liegt uns ebenso am Herzen. Für uns ist eine Kundenbeziehung nicht beendet, sobald die Leuchte hängt.

Inwiefern markiert das Jahr 2007 einen wichtigen weiteren Entwicklungsschritt?

Es kennzeichnet den Beginn einer neuen Phase: Wir entwickelten mit OLOT eine neue freistrahlende Leuchte. OLOT ist eine Objektleuchte. Bis dahin waren freistrahlende Leuchten vor allem im Wohnkontext anzutreffen gewesen. Bei der neuen Leuchte galt es die Herausforderung zu meistern, die naturgemäss relativ starke Blendung zu kontrollieren. Dies gelang überzeugend, und die Leuchte hat sich durchgesetzt.

2011 entwickelte und installierte Licht+Raum für die Abegg-Stiftung die grösste LED-Lichtdecke der Schweiz. Ein weiterer Meilenstein?

Bestimmt. Das Projekt steht stellvertretend für die kontinuierliche Weiterentwicklung und Professionalisierung unseres Unternehmens in den letzten zehn Jahren. Wir haben in eine 3-D-Konstruktionssoftware sowie in eine Planungs- und Materialbewirtschaftungssoftware investiert, was ein ganz bedeutender Schritt war. Wir haben unseren Kundenfokus weiter geschärft und gleichzeitig unseren Kundenkreis erweitert. Zu den Architekten sind Lichtplaner, Ingenieure sowie Bauherren und Nutzer hinzugekommen. Entscheidend für den Projekterfolg sind nicht nur technisches Verständnis, ästhetische Produkte und profunde Erfahrung, sondern die Kombination mit unseren umfassenden Dienstleistungen und unserer grossen Flexibilität. Oder anders formuliert: Wir kombinieren unsere Produkte und Dienstleistungen zu einleuchtenden Gesamtlösungen. Unsere Professionalisierung lässt sich auch so illustrieren: Waren wir in den Anfangszeiten in der Lage, Aufträge mit 50 Leuchten abzuwickeln, können wir heute Projekte mit 2000 Leuchten konzipieren und realisieren. Das bedingt natürlich entsprechende Infrastruktur und Prozesse. In einem Satz: Licht+Raum hat sich von einer Manufaktur zu einer professionellen Leuchtenherstellerin entwickelt

Unterdessen scheint LED die Beleuchtungswelt zu bestimmen.

Sicherlich ist mit dem Aufkommen von LED eine grosse Entwicklung in Gang gekommen. Es hat sich auch bereits viel getan in Richtung Qualität und Standards. Neben den hinlänglich bekannten Vorteilen von LED sehe ich den entscheidenden Fortschritt gegenüber herkömmlichen Leuchtmitteln in der Schaltfestigkeit. Denn die Schaltfestigkeit von LED eröffnet die nächste Stufe hinsichtlich Energieeffizienz: Zusätzliche Energie sparen wird man dereinst wohl nur noch mit Ausschalten, was dank erwähnter Schaltfestigkeit ohne Nachteile möglich ist, während traditionelle Leuchtmittel bekanntlich unter häufigem Ein- und Ausschalten leiden.

2014 feiert die Licht+Raum AG ihr 30-jähriges Firmenjubiläum. Gibt es einen Schlüssel zum Unternehmenserfolg?

Licht+Raum ist eine verschworene Gemeinschaft, ein Team, das gemeinsam viel erreichen will – wobei stets der echte Kundennutzen im Fokus steht: Wir wollen eine Lösungsorientierung und Servicequalität zu 100% bieten. Voraussetzung dafür ist eine Firmenphilosophie und -kultur, die auf gegenseitigem Respekt und vorbehaltlosem Vertrauen basiert. Das bedeutet beispielsweise, dass wir verlässlich sind und unsere Versprechen gegenüber Kunden und Partnern ebenso halten wie untereinander.

Wie lebt und pflegt man eine Firmenkultur?

Zentral ist eine klare und transparente Information und Kommunikation. Nur wenn Ziele und Entscheidungen verständlich sind, können sie geteilt und getragen werden. Geschieht dies, wächst die gemeinsame Wertehaltung. Werte gegen innen und aussen zu leben, ist entscheidend – wir pflegen sie und fordern sie von unseren Mitarbeitenden explizit ein. Wichtig ist zudem, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter die eigenen Kompetenzen nicht nur einbringt, sondern stetig weiterentwickelt, um selber Verantwortung übernehmen zu können. Damit dieses Befähigen gelingt, muss man hinter seinen Angestellten stehen – nicht vor ihnen. Nur so kann Identifikation mit dem Unternehmen entstehen sowie ein Engagement des Einzelnen fürs Ganze. Zurück zur Frage nach dem Unternehmenserfolg: Seien wir ehrlich, Erfolg ist immer auch von vielen Zufällen abhängig. Und natürlich von Glück.

Interview als PDF
Zurück zur Firmengeschichte

Abonnieren sie unseren Newsletter

Jetzt anmelden und auf dem neusten Stand bleiben.